Ich will wieder nach Hause…

Seit ich ungefähr 13 Jahre alt war, war Tokyo für mich immer ein Sehnsuchtsziel. Ein Ort den ich soooo gerne einmal live sehen würde, aber der so furchtbar viele Kilometer weit weg liegt. Ein Ort der schon etwas verklärtes hatte, alleine durch die Ferne und scheinbare Unerreichbarkeit. Man könnte sagen, dass als Teenager Tokyo sowas wie mein Shangri-La (oder auch Utopia, aber ich mag die Bezeichnung Shangri-La lieber ;-)) war. Natürlich schwebte da im Hinterkopf der Gedanke, dass all das ganz anders aussehen könnte als ich es mir ausmale. Vielleicht wäre es ja ganz grässlich, wenn ich jemals im echten Tokyo unterwegs wäre. Aber da ich es nicht wusste und es mir reichlich unrealistisch schien, in absehbarer Zeit eine solche Erfahrung zu machen… Nun was sollte ich schon tun? Ich konnte es nicht überprüfen. Trotzdem… Tokyo ging mir nicht aus dem Kopf. Und das so sehr, dass ich in regelmäßigen Abständen vom Flug bzw. dem tatsächlichen Aufenthalt in meinem Shangri-La träumte. Da waren wilde Reisen über Felder und Schwimmbecken in fliegenden Bussen in meinem Kopf und ich habe mich vorzüglich mit zwei kleinen Japanerinnen bei meinem erträumten Austausch unterhalten… Ich wollte es so gerne wissen – wie ist es denn jetzt in Tokyo? Traumhaft schön? Oder eigentlich gar nicht so besonders?

Nun… jetzt waren wir ja da. Von daher weiß ich so ungefähr wie es da ist. Wir haben vielleicht nicht jede Ecke gesehen, aber einige doch sehr schöne Seiten von Tokyo entdeckt. Am nachhaltigsten beeindruckt mich immer noch die Höflichkeit und die gegenseitige Rücksichtnahme der Menschen untereinander. Die malen da einen Strich auf dem Boden und die Menschen stellen sich alle brav in Reih und Glied da an? Sowas gäbe es in Deutschland nicht. Keiner drängelt beim Ein- und Aussteigen aus total überfüllten Bahnen? Wo gibt’s denn sowas… Die Menschen stellen sich alle nur auf eine Seite der Rolltreppe? …Ich hörte davon, dass es Länder gibt wo die Menschen sowas tun, aber gesehen habe ich das so konsequent noch nirgends. Man entschuldigt sich gegenseitig, wenn man jemand anderen den Platz wegnimmt? Wie idealistisch… Jeder Verkäufer begrüßt jeden einzelnen Kunden im Laden? Fast schon unheimlich. Und ja… der Service. Es gibt Service und Kundenfreundlichkeit in diesem Land die seinesgleichen sucht. Ernsthaft.

Es ist mir dabei übrigens herzlich egal, ob diese Freundlichkeit vorgespielt ist oder nicht. Wenn mir eine kleine Verkäuferin trotz nicht vorhandener Englischkenntnisse mit Händen und Füßen versucht meine Frage zu beantworten und dabei nicht die Geduld verliert, rechne ich ihr das hoch an. Auch wenn sie dabei die ganze Zeit innerlich flucht. Das nennt man Kundenservice. Sollte man in Deutschland auch mal drüber nachdenken. Ich arbeite auch im Kundenservice und habe recht schnell gelernt: man lächelt Kunden immer an – auch wenn man sie gerade am liebsten verprügeln möchte. Japaner sind da Meister drin. Äh… also im Lächeln.

Ja also wo war ich nochmal? Ach ja in Tokyo. Und also… das ist so. Ich täte da gerne wieder hinfliegen. Ich war jetzt da und leider 😉 hat es mir gefallen. Das Sehnsuchtsziel ist auch nach dem Aufenthalt dort immer noch ein Sehnsuchtsziel. Daran hat sich nichts geändert. Wie das sein kann? Naja wir haben uns halt so willkommen… so Zuhause gefühlt. Wir kamen uns dort gar nicht so fremd vor und wie schon oben beschrieben, waren die Menschen echt toll und… alle so hübsch klein. 🙂 Wir haben uns wirklich arg heimisch gefühlt als wir feststellten das alle Japaner ungefähr unsere Größe haben und auch sonst wirkte alles so vertraut. Jedes Mal wenn Neo Bilder aus Japan anschaut sagt er „Oh da sind Bilder von Zuhause.“ Interessanterweise habe ich dieses Phänomen auch bei einem Kollegen hier auf der Arbeit beobachten können, der sein 20-jähriges Reiseziel (Dänemark) auch als sein Zuhause bezeichnet. Er beschrieb es so: „Du merkst es schon wenn du über die Grenze kommst. Dein ganzer Körper entspannt sich…“ Er zählt jedes Jahr die Tage, bis zu seinem nächsten Urlaub und fühlt sich immer wieder grundentspannt sobald er da ist/war. Ich kann es ihm nachfühlen… und das nach nur einem Trip ins Land der aufgehenden Sonne (meine Traumreisen mal nicht mitgezählt, denn dann war ich schon unzählige Male dort ;-)).

Klar. Tokyo bzw. Japan hat bestimmt auch seine hässlichen Seiten. Nur schien es die zumindest während unseres Aufenthalts sehr gut zu verbergen. Da war lediglich ein kurzer Moment, wo uns/mir jemand etwas auf deutsch (?) hinterher gerufen hat. Aber davon fühlten wir uns jetzt nicht so furchtbar gestört. Ich habe es zuerst gar nicht richtig wahrgenommen. Auch wurden wir (wie es viele im Internet meinen) nicht aufgrund unseres exotischen (:D) Aussehens angestarrt. Also können wir über diese „Schattenseiten“ nicht wirklich viel erzählen. Dafür war unser Aufenthalt wohl nicht lange und intensiv genug… oder wir sind zu blind um sowas überhaupt zu sehen. 😉

Wie auch immer. Es gibt noch etliche Dinge die wir/ich in Tokyo gerne ansehen möchte/n. Wir sind mit diesem Ort und diesem Land noch lange nicht fertig. Ständig kreisen unsere Gedanken wieder um unseren nächsten möglichen Besuch dort. Momentan ist der Zeitpunkt recht ungewiss, da wir aufgrund des Projekts „Umzug“ unsere kompletten zeitlichen Ressourcen gebunden haben und auch finanziell schauen müssen, ob und wann wir uns so ein kostspieliges Vergnügen wieder leisten können.

Dennoch: Wir wollen gerne wieder nach Hause! 🙁