Klassenfahrt.

Damals, als ich noch zur Schule ging, da waren die Klassenfahrten immer etwas ganz besonderes. Das hat sich heute nicht geändert. Der einzige nennenswerte Unterschied ist die Tatsache, dass der Lehrer nun gemeinhin als Vorgesetzter gilt und mich dafür bezahlt, dass ich in seinem Unterrichtsraum anwesend bin. Man könnte also von einer Dienstreise reden. Aber das hieße ja, dass ich nun alt sei und sowas. Ich nenne es daher Klassenfahrt 🙂

Am 14.09.2017 musste ich mich also früh morgens von meinen Liebsten verabschieden und machte mich, wie immer, auf den Weg zur Arbeit. Nur hatte ich heute einen großen Oma-Trolli dabei, den ich hinter mir herzog.

2017-09-14

07:30

Treffen war 07:30 Uhr und ich war sogar etwas zu früh am Start. Abfahrt sollte 0800 sein. Aber wie schon zu Schulzeiten kam man zu spät los.

Damals, da saßen die coolen Kids immer ganz hinten im Reisebus. Und genau das taten wir CAE/HPC-Admins nun auch. Letzte Reihe und das erste Bier – fuck yeah! I like my job.

Unterwegs hielten wir bei einem Edeka irgendwo im Nirgendwo. Dunno. Unwichtig.

Hab ich eigentlich schon erwähnt wo es hin ging? Wismar. Und genau da kamen wir um 12:30 Uhr an. Im Hotel „Alter Speicher“ um genau zu sein. War cool da. Und es gab WLAN. Was will man mehr?

13:30

Stadtführung. Wir sahen ein paar Kirchen, die wieder aufgebaut werden und solche, bei denen das nicht der Fall ist. Ich sah eine Menge interessante Orte, an denen ich liebend gern etwas mehr Zeit verbracht hätte, aber leider ist man in so einer Stadtführung ja an ein Programm gebunden und muss von Ahh nach Beh hetzen.

Unwichtiges am Rande: Karstadt wurde hier gegründet und das Stammhaus befindet sich auch noch am Karstadtplatz.

Eine wirtschaftliche Idee aus alter Zeit, die heute so nicht mehr existiert: Dort war ein Haus. Dieses Haus hatte einen Eingang durch den man in einen Flur gelangt. Von diesem Flur ging rechts eine Kneipe und links ein Friseur ab.

Friseur + Kneipe damals im ziegelsteinfarbenen Haus

Man zog sich also einen Zettel beim Friseur und während man wartete ging man rüber in die Kneipe. War man an der Reihe kam der Barbier rüber und holte Dich ab. Du gingst zusammen mit Deinem Bier in der Hand rüber zum Friseur und liest Dir die Haare schneiden. Nachdem Du wieder wunderschöne Haare hattest, bezahltest Du den fixen Barbier und gingst rüber in die Kneipe um deine Zeche zu begleichen und dein Glas abzugeben. Ach, der Egon von Nebenan ist ja auch da! Dann bleibst Du halt noch schnell auf ein weiteres Bierchen. Und dann kam auch schon Werner, der musste ebenfalls zum Friseur. Er hat gerade bei einer neuen Rederei angefangen und alle hören ihm gespannt zu, wie er von Dirnen in Warschau schwärmt. … Anyway

Ich finde dieses Konzept sollte man wieder aufleben lassen. Den Friseur gibts nicht mehr. Auch die Kneipe ist nicht mehr da. Aber das Haus steht noch.

Wieder zurück im Hotel hatten wir so etwas, was man in anderen Firmen „Betriebsversammlung“ nennt. Eine interne Informationsveranstaltung halt, damit die Admins auch Wissen, warum sie die Softwareentwickler hassen und umgekehrt 😉 .

20:00

Irgendwie war es ja kurz vor der Wahl und ganz ’schland war mächtig aus dem Häuschen bald mal wieder ein kleines Kreuzchen zu machen um die Illusion aufrecht zu erhalten, sie könnten die wirtschaftliche und politische Ausrichtung dieses Landes in irgendeiner Weise mit lenken. War das zu hart formuliert? Nun seis drum, es geht hier auch um etwas anderes als um eine Grundsatzdiskussion zum Thema „Demokratie“ und „Demokratieverständnis“.

Was ich eigentlich vorhatte zu berichten ist die Tatsache, dass das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) auch im Hotel war und eine Sondersendung zum Thema „Bürgerstimmen zur Wahl“ hatte. Man bat uns doch auch ein bisschen vor der Kamera rum zu sitzen und interessiert zu tun. Alle Getränke gehen aufs ZDF! Alles klar, dann kann ich meine gezahlten Gebühren also nochmal versaufen. Mach ich!

Das Interview fand dann nächsten Morgen statt. Und als Gage gab es eine Morgenmagazin Tasse. Yay, kann man mit rumprollen….nicht.

2017-09-15

10:00

Hafenrundfahrt.

Dachten wir jedenfalls alle. Eigentlich war es das ja auch. Allerdings in einem echten Segelschiff. Meine Fresse, das war beeindruckend.

So ein Schiff ist unglaublich entspannend mit seinem seichten Wellengang
Das ist nicht gestellt. Mein Kollege Rob arbeitet wirklich und telefoniert per VPN nach Hause.
schöön…
Anker…..
Seeeegel….

14:00

Wir waren wieder im Hafen und ich nutzte die Gelegenheit endlich mal etwas von der heimischen Kultur aufzusaugen. Auch wenn es in 45 Minuten schon wieder weiter gehen sollte, lies ich es mir nicht nehmen noch fix in den Plattenladen vor unserem Hotel rein zuhuschen.

Und ich fand tatsächlich zwei beeindruckende Schätze. Zum Einen einen polnischen Metal-Sampler aus dem Jahr 1984, auf dem neben Manowar und Metallica auch Loudness und Earthshaker aus Japan vertreten sind. Das gute Stück nennt sich „Hell Comes To Your House“ und wurde vom Label „Music For Nations“ verlegt.

Außerdem fand ich eine eventuell noch viel beeindruckendere Platte. Es handelt sich um ein ausgemustertes Exemplar der Stadt- und Kreisbibliothek Grimmen. Kleeblatt № 14 – Electronic-Pop heißt das gute Stück und ist – wie könnte es anders sein – bei Amiga in der DDR im Jahr 1985 erschienen. Der sozialistische Zweck dieser Platte ist der Verbreitung sozialistisch-elektronischer Musik! Nein, keine Ahnung was sich die Staatsmacht dabei gedacht hat, aber sie bildet ein authentisches Bild der damaligen, wenig gesäten, elektro Künstler der DDR ab. Ich jedenfalls hatte von Julius Krebs, Hans-Hasso Stamer und Wolfgang Paulke vorher noch nie etwas gehört. Ich frage mich ja weiterhin wo die ihr Equipment her hatten. Auf dem Cover hinten ist deutlich zu sehen, das westliche Technik, wie Moogs oder Commodore 64 im Gebrauch sind.

Die ganze Platte kann hier angehört werden. Und sie ist es wirklich wert gehört zu werden.

Die dritte Platte wurde mir von einem Kollegen empfohlen. Es war „Revolutions“ vom alten Herrn Jarre. Gegen den kann man eigentlich sowieso nichts haben, nur habe ich mich in der Vergangenheit noch nicht in dem Ausmaß mit ihm beschäftigt, wie es mir lieb wäre. Also griff ich auch hier zu und wurde nicht enttäuscht.

14:45

Actionpainting. yay, so mit Farbe rum schmaddern in Ganzkörperwürsten? Denkste, wir haben eine ca 15x15cm Leinwand bemalt, die mit einem Fischernetz besponnen war. Und da das Ganze so unspektakulär war, werde ich auch nicht weiter berichten. Dort, wo gemalt wurde, sollten wir auch Essen und die Zeit verging und ich vertrieb mir mit Rob selbige indem wir durch die alten Stadionruinen vom Wismarer Sportclub (Name von der Redaktion geändert) wanderten.  Das war doch recht unterhaltsam und skurril.

Beim Essen war unser Chef, der eigentlich nicht viel Alkohol trinkt, der Meinung, er müsse uns allen den ein oder anderen Schnaps ausgeben.

~20:00

Ich bin mir nicht sicher wann es zurück ging, aber es war stockduster und wir gingen durch einen Park. Die Mehrheit der Leute fuhr Bus, aber nachdem ich ja im Juni wegen einem doppelten Bandscheibenvorfall im Krankenhaus lag, versuche ich im allgemeinen mich mehr zu bewegen und überredete daher ein paar meiner Kollegen es mir gleich zu tun. Also auch zu Fuß zu gehen, und dem Bus den Rücken zu zukehren.

Flyer der Fellfresse

Irgendwann gingen wir dann zur Metal-Kneipe in Wismar. Sie nennt sich Fellfresse. Ich finde dies ist ein vorzüglicher und überaus treffender Name. Die erste Band war eine Cover-Kombo die aber durchaus Können Bewies. Teilweise dachte man, AC/DC persönlich gibt sich die Ehre und spielt heute in Wismar. Gecovert wurde alles, was man als Klassik-Rock bezeichnen kann.

Die zweite Band war Mainpoint mit ihrem 2m Hünen am Bass und Gesang. Durchaus angenehme Musik. Stilistisch sehr klassischer Metal mit viel Satan und Blut und Jungfrauen und so. Nachdem Konzert hat der im wahren Leben lammfromme Sänger dann mir und ein paar Anderen ein Bier spendiert und sich länger mit einen meiner Vorgesetzten unterhalten. Die Gemeinsamkeit beider ist das Geburtsjahr und die Leidenschaft für gitarrenlastige Musik.

Mainpoint Live 2017 in der Fellfresse

Das Brauhaus in Wismar mit eigenen Bierkreationen ist nicht verkehrt, aber macht viel zu früh zu. Daher schreibe ich auch nicht viel darüber, denn ich kam immer zur letzten Runde…

Irgendwann vielen wir dann ins Bett.

(…to be continued…)

Fazit:

Ich hätte mir mehr Freizeit gewünscht. Die hatten wir nur kurz am Samstag Nachmittag ab 17 Uhr. Und natürlich haben um diese Uhrzeit die ganzen kleinen Lädchen, die eine Stadt ihren Charakter verleihen, schon zu. Ein zu straffes Programm für eine eher ruhige Stadt, die mit Geduld erkundet werden möchte, fernab vom Tourismusguide, der einen durch die Straßen scheucht.