Im Zeichen der afrikanischen Giraffe

Irgendwann war es dann also doch mal so weit und ich schaffte es, meinen Ausbildungsbetrieb, der jadurchaus einiges an mir verdient, davon zu überzeugen, mich mal auszubilden und nicht nur von mir zu profitieren. Dazu gehört halt auch, dass man seinen Azubi mal zu einer Tagung schickt lässt.

Warum die Verantwortlichen von Zarafa im Gutshof Rethmar am Arsch der Welt ihr alljährliches Meeting abhielten, bleibt wohl deren Geheimnis. Gut hin zu kommen ist jedenfalls nicht. Und gut weg auch nicht.

Aber fangen wir am Anfang an. Zu erst einmal, schien alles mehr oder weniger gut erreichbar zu sein. Ich verließ in aller Herrgotts früh um 06:40 Uhr das Haus, um die Straßenbahn zum Braunschweiger Bahnhof zu erreichen. Mein Zug nach Peine sollte irgendwann gegen halb Acht fahren und von Peine aus, sollte es dann mit dem Bus weiter gehen. Doch alles kam irgendwie anders.

In Peine angekommen, der Zug hatte hier schon Verspätung, hatte ich zum Glück noch genug Zeit um einen Geldautomaten zu suchen, bevor der Bus ankam, mit dem ich weiter nach Sehnde fahren sollte. Bisschen Bargeld in der Tasche schadet ja nie. Anschließend begab ich mich zur Bushaltestelle und wartete artig mit ca 80 Schülern auf die ankommenden Busse. Wundervoll, er war sogar nur Zwei Minuten zu spät. Ich stellte mich geduldig hinten an und hatte irgendwie nicht so das Interesse daran, mich mit den Teenies in den Bus zu quetschen. Doch das war ein fataler Fehler.

Ca. 10 Personen, darunter auch ich, durften nicht mehr mitfahren. Mitten in der Schlange, ging auf einmal die Tür zu und der Bus fuhr los. Wir schauten uns alle verdutzt und ungläubig an. Leider war das, was dort vor unseren Augen passierte aber Realität und wir mussten schließlich einsehen, dass der Bus, komischerweise nur zu ca. 80% gefüllt, nicht mehr da war und der nächste in erst 73 Minuten fahren würde. WTF? 1. Warum nimmt der uns nicht mit und 2. Warum solch beschissen krumme Abfahrtszeiten?

Ich begab mich nun zum Schalter der Deutschen Bahn (F1! F1!). Die freundliche Dame sagte mir, dass ihr das auch schon passiert sei, und dass dies dann wohl scheinbar zum Tagesgeschäft der Peiner Busse gehören würde. Warum auch immer. Sie suchte mir eine neue Verbindung raus und beschrieb mir noch, wie ich später, in Sehnde, in einen Bus umsteigen solle.

Nun ging es also nicht wie geplant mit dem Bus weiter, sondern mit dem Zug nach Lehrte. Zu meiner Verwirrung fuhr er Drei Minuten früher, als es der Fahrplan anzeigte und da am Peiner Bahnhof keine Anzeigen mit aktuellen Fahrten hingen, versuchte ich von den anderen Fahrgästen die Information zu erhalten, ob es sich dabei um den Zug nach Lehrte handeln würde. Ja, er war es.

In Lehrte hatte ich dann nochmal 40 Minuten Aufenthalt, bevor es mit dem Zug, der nun 8 Minuten verspätet war, weiter nach Sehnde ging. Das klappte so weit Reibungslos, bis auf, dass ich in Sehnde angekommen dummerweise zwar in die richtige Buslinie einstieg, diese aber in falsche Richtung fuhr. Im Großraum Hannover sind die Bushaltestellen anders gekennzeichnet als bei uns. Während in Braunschweig nur die kommenden Haltestellen auf dem Fahrplan zu sehen sind, ist auf den Fahrplänen in Hannover und Umgebung der komplette Linienfahrplan von Start- bis Endhaltestelle abgedruckt. Sicherlich irgendwie erkennbar, welche Haltestellen schon hinter uns liegen, aber darüber machte ich mir in diesem Moment keine Gedanken und sah nur „Triftstraße“ (Haltestelle beim Gutshof) in 6 Minuten und dachte, yo, alles klar.

Als ich dann also ungefähr ’ne halbe Stunde in die falsche Richtung gefahren bin und am Tiergarten in Hannover ankam, wurde mir klar, dass ich aus diesem Bus raus muss. Schließlich würde mein Ticket auch bald die Gültigkeit verlieren.

Seit halb Sieben unterwegs machte sich nun auch bemerkbar, dass ich in der Zwischenzeit keine Toilette aufgesucht hatte. Fuck! Was nun? Wild pinkeln kostet richtig Asche…

(…)

Die Keynote lief mittlerweile schon, aber zum Glück kam nun auch mein Bus, mit dem ich dann in die richtige Richtung fuhr. Und ja, Drei Stationen nach dem Bahnhof war ich dann an der Haltestelle, wo ich hin musste. Tolle Wurst. Hätte ich das mal gewusst. Ich wäre zu Fuß gegangen. Also Anfangs. Wissen schon.

Ich kam nun also endlich an und bekam mein Eintrittsticket, von dem ich im Vorfeld nicht mal wusste, ob es bezahlt ist. Die Zarafa Leute haben es einfach mal versäumt, uns Teilnehmer davon zu unterrichten.

Und damit sind wir auch schon komplett im Geschehen. Es war leider absolut peinlich. Ich war noch nie auf einem so verdammt schlecht organisiertem Event, wie diesem. Und ich war schon auf Parteitagen der Piratenpartei. Ich dachte immer, die wären in der Organisation chaotisch. Aber scheinbar war das gar nicht so.

Ich schaute mir als erstes den Performance Workshop an. Im Vorfeld hieß es, die Teilnehmer sollen für die Workshops einen Laptop mit bringen. Sonst sei nichts nötig. Interessant, im Workshop selber verlangte man nun Virtualbox zum starten eines Debian-Images. Toll. Virtualbox. Super tool. Nicht. Aber noch besser war die Aussage „Auf dem Stick befindet sich eine Windows-Exe. Linux Leute haben das ja eh installiert…“ BITTE? Alter, erstens sagt ihr mir nicht, dass ich das im Vorfeld installieren sollte und dann behauptet ihr, Linux Menschen hätten das per se installiert??? Brennt ihr??? Ok, kein Ding, ladt ich mir schnell runter. Krieg ich Internet? „Nein, leider kommen wir hier nicht ins Netz.“ m(((( Ein fucking Zarafa-Event, wo man $Dinge mit dem Internet tut, also genau genommen E-Mails verschicken soll, weil dafür ist die Zarafa-Mail-Suite ja da, und kein Internet.

Zählen wir durch. Fail Vier, kein Internet. Fail Nummer Drei war die nicht ausreichende Kommunikation, was man hätte vorbereiten müssen, Fail Zwei war die Tatsache, dass ich bis zuletzt keine Buchungsbestätigung des Tickets bekam.

Performance-Workshop, Bildquelle: Zarafa.com/tour2015

Der erste Fail passierte genau genommen schon am Abend zuvor. Dort wurde nämlich ein weiterer administrativer Workshop per sog. „Webinar“ (ich hasse dieses Wort!) angeboten, zu dem man sich mit seinem Ticket registrieren konnte. Ach ja? Wie denn, wenn ich es erst am Veranstaltungstag, also mind. 10 Stunden zu spät bekam??

Zurück zum Performance-Workshop. Bis auf ein paar SQL-Tweaks, wurde egtl nur erzählt, dass man Software auf dem neustem Stand halten soll, weil ja die Laufzeit auch ständig optimiert wird. Soso, wer hätte das gedacht. Updates soll man machen. Juuuunge. Absurd wurde es, als ich erfuhr, dass zwingend Apache als httpd für Zarafa vorausgesetzt wird. Von Nginx, so erfuhr ich auf Nachfrage, hätte man keine Ahnung und könne es nicht in die Software integrieren. Sry Leute, aber wenn ihr die Elite der Zarafa-Devels seid, dann sehe ich wirklich schwarz für dieses Produkt (Außerdem hasse ich Euer dummes Microsoft gebashe. Ja, *ich* hasse Microsoft abgrundtief, aber ich bashe fundiert und nicht so kindisch und dazu auch noch unter Annahme von falschen Tatsachen, wie ihr. Macht gefälligst Eure Hausaufgaben, bevor ihr rumrantet).

Anschließend war Mittagessen. Mein Gott habe ich mich voll gefressen. Alles war in den 99€ des Tickets inklusive und der Gutshof hat sich nicht lumpen lassen. Ein feinstes 4-Sterne Essen bekamen wir serviert, in mehreren Gängen.

Da ich in dieser Welt neu war, hatte ich natürlich auch noch meinen Parker und meinen Rucksack dabei, den ich schwungvoll neben den Herrn schmiss, neben dem ich mich mich setzte. „Ich setz‘ mich hier mal an die Ecke, okay?“ Man nickte mir zu und so lies ich mich an dem festlich geschmücktem Tisch in den Stuhl plumpsen.

Irgendwie kamen mir die Menschen an dem Tisch seltsam adrett vor. Der Mensch zu meiner Linken fragte mich auf englisch, ob ich beim Performance-Workshop war und ob er mir gefallen hätte. Ja, erwiderte ich, wenngleich ich auch nicht unerwähnt lies, dass ich es etwas armselig fand, dass beim Stichwort „Performance“ in keinster Weise auf Nginx oder Lighttpd eingegangen wurde, stattdessen aber das Code-Monster Apache2 in den Himmel gelobt wurde (Cluster mit Apache2. Wenn mir das jemand erklären kann, dann bitte Mail an mich. Srsly, kann Apache das? Ich nehme dafür Nginx).

Irgendwann viel mein Blick auf das Namensschild der Person neben mir, die ja so eben ein freundliches Gespräch mit mir begonnen hatte. Auf dem Schild las ich zu meinem Entsetzen „Brian Joseph, CEO Zarafa BV Delft“. „Fuck!“ dachte ich mir. War ja wieder klar. Ich benehme mich wie der letzte Arsch und muss das auch noch ausgerechnet neben dem Chef persönlich tun.

Als die Hälfte der Anwesenden bereits den Speisesaal verlassen hatte, kam ein Zarafa-Mitarbeiter auf die Idee, darauf aufmerksam zu machen, dass man ein Gruppenfoto vor „der Wand™“ machen möchte und wir uns da jetzt einzufinden haben. Ok, machen wir. Ich nahm meine Sachen und ging den Anderen hinterher. Draußen schauten dann ca. 40 Personen fragend durch die Gegend und suchten besagte Wand und ebenfalls besagten Mitarbeiter, der wie vom Erdboden verschwunden schien. Man Leute, ihr seid ein fucking Business Unternehmen, dass echt ne ganze Menge Geld macht und ihr schafft es nicht mal vernünftig klar zu machen, wo wir hin gehen sollen? Naja gut, alleine wäre das vielleicht nicht das Problem gewesen, aber wenn man Alles zusammen zählt, dann sind wir hier mindestens schon beim fünften Fail, außer Acht gelassen, dass der Mitarbeiter, der zum Foto aufrief, dies auf Deutsch tat und damit den internationalen Gästen Fragezeichen ins Gesicht zauberte.

Was danach kam, hab ich schon fast wieder vergessen, außer das ich mich darüber aufregte, dass man SMIME in die Webapp integriert hat und damit hausieren ging, von GPG aber noch nichts gehört haben will.

Ein mehr oder weniger interessantes Gespräch gab es dann aber mit den Debian-Maintainern des Zarafa Pakets (die mir btw. nebenbei erklärten, woher die Namen der Debian Releases kommen. Klar, leuchtet echt ein ::) und Sid ist natürlich der dumme Nachbarsjunge, der immer was kaputt macht. Find ich gut. Wusste ich vorher nicht. Peinlich. Nutze Debian seit (Mr.) Potato (Head)… ;___; ). Diese Menschen hatten wirklich Plan und das Herz am rechten Fleck, wurden aber von der eigentlichen Zarafa Firma, sehr Stiefmütterlich behandelt. Handelt es sich doch um ehrenamtliche Entwickler, die versuchen Zarafa in Debian zu integrieren, welches sowieso die Laufzeitumgebung für Zarafa darstellt. Nur halt eben nicht mehr als eigenständiges, sondern ins System integrierte Paket, was die Wartung des Systems erheblich vereinfacht.

Anschließend wurde die Veranstaltung beendet und man badete in dem, was man erreicht hätte. Sry, aber das war meiner Meinung nach nicht viel. Es wurde auf Outlook ‚rum gehackt, welches ich zwar auch nicht mag, aber nicht proprietärer ist, als der ganze Zarafa Quatsch, mit dem man nun rum prollte und die Quelloffenheit lobte. Jede Erweiterung, mit der man sich brüstete, kostet nämlich Geld, den Source gibt’s nicht und wenn ich das richtig überblicke, basieren alle Neuerungen, insbesondere die Videotelefonie im Browser, auf Jabber (XMPP), welches eh ein standardisiertes Protokoll ist und somit nichts außergewöhnliches und erst recht keine Neuerfindung von Zarafa ist.

Es gab einen Shuttle Bus, der uns zum Bahnhof in Hannover bringt. Man solle pünktlich sein. Er fährt genau um 17:30 Uhr ab. Jetzt wolle man uns aber zu erst noch zu einem Drink einladen.

1. Wo bekomme ich den Drink? Ca 90 Leute schauten sich nach dem Schlussplädoyer fragend um.

2. Wo hält der Bus, zu dem ich so pünktlich sein soll. Ich fragte nach. „Der hält aufm Hof.“ Ok, na denn. Hab ja noch Zeit, gehe ich nochmal spazieren. War erst 17:10 Uhr. Siehe da, ich entdecke den Bus. Er steht nicht auf dem Hof. Nicht dort, wo ca. 50 Teilnehmer auf ihn warten. Nein, gut versteckt und vom Hof nicht sichtbar, *vor* dem Gutshof. Wir waren dann schlussendlich 6 Personen, die den Bus entdeckten. War schön. Er war riesengroß und hatte Steckdosen yay. Hatte noch nie so viel Beinfreiheit in einem Reisebus.

Am Bahnhof von Hannover angekommen, ging alles sehr schnell. Ich zog mir eine Rückfahrkarte und rannte zum Gleis, da der Zug zurück in die Heimat in zwei Minuten abdüsen sollte. Geschafft.

Die Zarafa Deutschland GmbH hat hier wirklich bewiesen, dass sie Events nicht ausrichten kann. Ob es nun die Linux-Tage, Piratenparteitage, die Open-Rhein-Rhur oder andere Events, die ich in den letzten 15 Jahren besuchte waren. Alles war wesentlich besser organisiert, als die Zarafa Tour 2015 in Deutschland. Und auch die Selbstbeweihräucherung für die Damen, die das Event geplant hatten, inkl. stehender Ovationen, konnten nicht darüber hinweg täuschen, dass es hier zwar gute Ansätze und Ideen gab, die Umsetzung aber kläglich misslang. Man hatte sich wohl schlichtweg übernommen.

Doch eigentlich war das Event nicht der wichtigste Punkt auf meiner ToDo-Liste an diesem 01. Oktober.

Kasumis Brautkleid kam einen Tag zuvor an und ich trug es bereits den ganzen Tag in meinem Rucksack mit durch die Gegend.

Am Bahnhof in Braunschweig angekommen, kontrollierte ich noch kurz die Werbevitrinen meines Arbeitgebers, wo bei Einer, ein Fehler im Video sein sollte, konnte nichts feststellen und machte mich auf den Weg zu Kasumi. Brautkleid anprobieren und so. Wissen schon.

Fand ich den Tag gut? Jepp. War mal was anderes als die sog. Ablage zu sortieren. Außerdem gabs kostenlos Essen ^.^ .

P.S.: Das Gruppenfoto kam dann irgendwann doch noch zu Stande:

Gruppenfoto Zarafa-Tour 2015, Bildquelle: Zarafa.com/tour2015